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"Ich bin Ausländer!"

Aktualisiert: 16. Nov. 2021





Wie ich zu dieser Aussage komme? Mein Name ist Leonie, bin 18 Jahre alt und würde gerne mehr von der Welt sehen.



Als Lehrling verdient man bedauerlicherweise nicht viele Moneten, da war die Freude natürlich umso größer, als ich und meine Kollegin ein Schnäppchen im Internet auffanden: drei Tage Prag!


Zuerst ging es am frühen Morgen mit dem Zug ab nach Nürnberg. Meine Mitfahrer waren größtenteils Renates und Annelieses aus dem örtlichen Kegelverein. Sie tranken genüsslich ihren Sekt von der Tankstelle, nagten an ihren Mettbrötchen und flippten zu einem „Wolfgang Petry“ Lied. Gott sei Dank machte der Schaffner zumindest der Katzenmusik bald ein Ende.




Später stieg meine Freundin ein und wir planten bereits unsere großen Vorhaben in der fremden Stadt. Glücklicherweise hatten die rassigen Rentner aus dem Zug ein anderes Ziel.


Endlich waren wir am Hauptbahnhof angekommen und stiegen in den nächsten Zug. Plötzlich wühlte meine Gefährtin in ihren Taschen, sah mich an und zuckte mit den Schultern. Nun, wir hatten EIGENTLICH ein 48 Stunden Öffi-Ticket für ganz Prag mitgebucht, jedoch hat der billige Reiseveranstalter (ich möchte hier keinen konkreten Namen nennen) dies wohl nicht beachtet. Natürlich haben wir sofort bei den Verantwortlichen angerufen und unsere Situation erklärt, die Antwort darauf war ein einfaches, typisch deutsches „Tja, watt will man machen, ne?“




Schlimmer kann es nicht mehr werden? Wir waren im FALSCHEN ZUG. Und nein, es war kein Zug der von Stadt zu Stadt fährt, denn er hat erst nach verdammten 50 Minuten zum ersten Mal angehalten!

Das war nun der Höhepunkt? Warte ab! Wir standen also mit unseren Koffern blöd rum und wer kommt um die Ecke? Die Ticketkontrolleurin. Ja, genau - unsere erste Stunde im „Urlaub“ und schon durften wir eine saftige Schwarzfahrer Strafe zahlen.


Dann standen wir müde an einem kleinen Bahnhof in einer tschechischen Kleinstadt und sehnten uns nach einem Bett. Dieses Mal wollten wir erst Fahrkarten lösen und dann einsteigen. Leider wurde der Ticketkauf dadurch erschwert, dass so gut wie niemand Englisch sprechen konnte, und wir kein Tschechisch. Ein Mann versuchte uns etwas in seiner Muttersprache mitzuteilen, ich meinte mit der Zeit nur: „Ich bin Ausländerin!!“. Irgendwie schafften wir es dann, uns mit Händen und Füßen zu verständigen.




Bei der Haltestelle des Hotels angekommen, kamen uns erst einmal Männer in Fußball Trikots entgegen, die bitterlich weinten, weil ihr Lieblingsteam verloren hatte. Wie sich herausstellte, befand sich unsere Herberge gleich neben einem Vereinsstadion.



Unser Zimmer war auch eine Kunst für sich – mit billigen Laken überzogene Sofas, die aussahen wie vom Sperrmüll gefischt, wurden als Betten ausgegeben. Das Waschbecken stammte wohl noch aus dem 2. Weltkrieg und man fühlte sich nach der Dusche dreckiger als beim Reingehen.


Am ersten Morgen machten wir uns auf den Weg zum Frühstücksraum. Meine Freundin freute sich, als sie den silbernen Wärmebehälter am Buffet sah, Rührei dachte sie. Es waren verkochte Wiener Würstchen. Ich tunkte mein Brot in die rote Konfitüre, die ich für Erdbeermarmelade hielt. Wie sich herausstellte, war es Ketchup für die Würstel.


Am zweiten Tag besuchten wir einen Markt, etwas außerhalb der Stadt. Wir wurden dort von einer wütenden Asiatin verfolgt, weil wir ihr keine gefälschten Markentaschen abkaufen wollten. Ein anderer Asiate wollte uns daraufhin Schlagringe andrehen.



Am dritten und letzten Tag wurden wir um ca. 5:00 morgens von einem betrunkenen Tschechen geweckt, der vor unserem Fenster Ziehharmonika spielte. Allerdings war der Mann gleich wieder ruhig. Wahrscheinlich hat ihn jemand aus dem Nachbarzimmer mit Steinen beworfen.

Später machten wir uns auf den Weg zum Hauptbahnhof und es ging Richtung Heimat. Wir haben uns im Bus kurz angesehen und mussten sofort anfangen zu lachen.


War die Reise anstrengend? – Ja.

Werden wir je wieder einen Billigurlaub buchen? – Definitiv nicht.

Werden wir jemals aufhören, darüber zu lachen? – Niemals.


Leonie L.





 
 
 

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